Atmen – deine Superkraft

Wie wir atmen, kann uns entweder helfen, Gesundheit und Wohlbefinden zu stärken – oder Stress, Erschöpfung und Angst fördern. Und das mit rund 22.000 Atemzügen am Tag. Deshalb spielt der Atem beim Yoga so eine zentrale Rolle. Der Atem bringt die eigentliche Lebensenergie, eben das Prana, und war jahrtausendelang die wichtigste Übungstechnik im Yoga.

Nasenatmung oder Mundatmung?

Atmest du durch die Nase oder durch den Mund? Viele Menschen würden sagen, sie atmen meistens durch die Nase – aber wenn wir gestresst sind, oder auch wenn wir schlafen, wechseln wir oft unbewusst zur Mundatmung. Mundatmung wurde in den letzten Jahren mit Müdigkeit, Bluthochdruck, Allergien, Dehydrierung, Denkblockaden, Verdauungsstörungen, Stress und möglicher kognitiver Abnahme in Verbindung gebracht. Yogis loben die Vorteile der Nasenatmung schon seit Tausenden von Jahren. In manchen Naturvölkern achteten Mütter darauf, nach dem Stillen die Lippen der Babys behutsam zu schließen und sie im Schlaf zu überwachen, damit die Babys durch die Nase atmen. Viele dieser Traditionen kennen und nutzen Nasenreinigungspraktiken.
Wenn deine Nase oft verstopft ist, kann das an Allergien, einer Unverträglichkeit gegenüber Milchprodukten oder einfach daran liegen, dass du deine Nase nicht immer zum Atmen benutzt. Nasenspülungen mit einem Neti-Kännchen sind eine alte Yogapraxis und helfen, die Nase zu reinigen und das Nasenatmen zu erleichtern. Als „Nasendusche“ sind die Neti-Kännchen mittlerweile auch in Drogeriemärkten zu haben.

Warum die Nasenatmung so wertvoll ist

Nasenatmung steht in direktem Zusammenhang mit besserer geistiger und körperlicher Leistungsfähigkeit, stärkerem Immunsystem, besserem Schlaf, weniger Stress und einer erhöhten Freisetzung von Stickstoffmonoxid, das antiviral wirkt, die Atemwege erweitert und die Ausdauer verbessert. Langsames, tiefes Nasenatmen aktiviert das parasympathische Nervensystem, unser System für Erholung und Verdauung, wo Heilung und Regeneration stattfinden. Manche Forscher empfehlen sogar, nachts den Mund mit einem kleinen Stück hypoallergenem Klebeband sanft zu verschließen. In James Nestors Buch „Atem“ kannst du über seine Erfahrungen im Selbstexperiment lesen.
Ein regelmäßiges, bewusstes Atemtraining wirkt Wunder für Körper und Geist und ist auch ein idealer Einstieg, wenn du noch nie meditiert hast. Richte dir eine unterstützende Haltung mit einem gut gepolsterten Yogakissen ein, das für Weite im Brustraum sorgt, und probiere die folgende einfache Atemtechnik aus, die dir jederzeit schnell Ruhe bringen kann.

Sama Vrtti – gleichmäßige Atmung

Bei Sama Vrtti, der gleichmäßigen Atmung, atmest du langsam und gleichmäßig durch die Nase ein und aus. Im Idealfall ist jede Ein- und Ausatmung etwa 6 Sekunden lang, so dass du auf fünf Atemzüge pro Minute kommst. Aber wenn du merkst, dass sich diese Länge nach einer künstlichen Beeinflussung des Atems anfühlt, beginne mit weniger Zählern, so dass der Atem bequem fließt.
Unser Atem und Herzschlag stehen über den Vagusnerv in direkter Verbindung mit dem Gehirn. Flache, schnelle Atmung signalisiert dem Gehirn Stress und löst die Ausschüttung des Stresshormons Cortisol aus. Die gleichmäßige Atmung bringt Herz und Nervensystem wieder ins Gleichgewicht und sendet dem Gehirn das Signal, dass Ruhe angezeigt ist. Dieses Ruhesignal aktiviert hormonelle und immunologische Regenerationsprozesse. Sama Vrtti kann also nicht nur entspannen und Schlaf verbessern, es schafft auch eine wache, ruhige Präsenz und hilft vor möglichen Stresssituationen, wie zum Beispiel Vorträgen oder wichtigen Meetings.
Atemtechniken sind jederzeit anwendbar und wirken rasch und spürbar. Wenn du regelmäßig kurze Atempausen in deinen Tag einbaust, stärkst du langfristig dein Nervensystem, deinen Widerstand gegen Stress und dein allgemeines Wohlbefinden. Es müssen keine komplizierten gezählten Atemrhythmen sein. Im Gegenteil – die machen oft erst Stress. Probiere Sama Vrtti aus und beobachte, wie du oft schon nach wenigen Atemzügen mehr Ruhe und Klarheit spürst.

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